Celebrate the unexpected

Sprache hat mich seit jeher fasziniert. Nicht umsonst habe ich den Umgang mit ihr zu meinem Beruf gemacht. Ein besonderes Faible habe ich für Wörter, die auszusterben drohen. So liebe ich es, wenn jemand sagt, dass ihm heute etwas blümerant zumute ist oder dass er oder sie es sich mit einem guten Buch auf dem Sofa kommod macht. Leider hört man solche wunderschönen Wendungen heute viel zu selten. Eine Quelle sprachlicher Freuden war auch meine leider inzwischen verstorbene Tante. Nur ein paar Beispiele: Während sie den Bürgersteig vornehm „Trottoir“ nannte, waren Jeans für sie nur „Texas Buxen“. Und wenn ihr etwas nicht schmeckte, war es für sie „klöschtisch“. Ein Wort, das auch dem Ersthörer, wie ich finde, die mitschwingende Ablehnung perfekt vermittelt.  

Noch eine größere Freude als solche sprachlichen Raritäten bereiten mir Aussprüche, die in krassem Gegensatz zum optischen Eindruck stehen. So erinnere ich mich gerne an einen jungen Mann im Gothic-Outfit zurück, der mir in den 90ern in einer eher schmuddeligen Kneipe zuraunte: „Du hast ein sehr erotisierendes Parfum!“ Spoiler: Aus uns wurde kein Paar – was nicht nur aber auch daran lag, dass ich vor Lachen fast vom Barhocker gekippt wäre.  

Von einem ähnlich unerwarteten Ausspruch erzählt auch der Mann an meiner Seite bis heute gerne. Kurz nach unserem Kennenlernen wollte er mir etwas Gutes tun und den Rasen meines damaligen Hauses mähen. Er rollte gerade das Kabel von der Trommel, als der beste Sohn von allen, zu diesem Zeitpunkt knapp fünf Jahre alt, sich dazu gesellte und fragte: „Kann ich dir ein bisschen zur Hand gehen?“ Dazu sei gesagt: Der Junge kann nichts dafür. Mit einer Mutter, die ihm schon als Baby zu „Contenance!“ riet, wenn er zu ärgerlich weinte, waren solche eloquenten Höhenflüge wohl vorprogrammiert.  

Kürzlich waren wir drei nun in Berlin und zu meiner großen Freude konnte ich auch von dieser Reise ein sprachliches Souvenir mitbringen. Wir schlenderten am frühen Nachmittag gerade über die Friedrichstraße, als uns eine Gruppe Jugendlicher im üblichen Schlabber-Look überholte. Hätte man mich gefragt, wohin die jungen Herren unterwegs sind, hätte ich auf die nächste Shisha-Bar getippt. Aber weit gefehlt. Denn als einer ausscherte und in eine andere Richtung gehen wollte, rief einer der Jungs ihn zurück: „Wir müssen hier lang!“ „Ich wollte mir was zu essen holen“, beschwerte sich der Abtrünnige. Darauf die Antwort: „Jetzt nicht, du wolltest doch ins Naturkundemuseum, du Opfer!“