„Ich muss euch leider ablehnen.“

„Ich muss euch leider ablehnen.“ Was für ein furchtbarer Satz. Gehört habe ich ihn vor ein paar Wochen an einem Montagabend in einer sogenannten Szenelocation. Ein Titel, den das Biergarten-Restaurant im Shabby-Look anscheinend gerne loswerden würde. Oder warum sagt man sonst solche Sätze zu Gästen, die gegen 21 Uhr noch mit Pasta- und Vino-Gelüsten vorsprechen?

Wir hatten mehr Glück: Unsere frühe Ankunftszeit um 17 Uhr 30 brachte uns immerhin auf die Warteliste. Auf die Warteliste! Auch so ein Ausdruck. Was ist aus dem guten alten: „Stellt euch doch schon mal da an den Stehtisch und trinkt was. Ihr bekommt den nächsten freien Platz“ geworden? Stattdessen Büßerbänkchen.

Dort saßen wir zu dritt nebeneinander und verrenkten uns Hälse und Augen, um unsere halb beruflichen und halb privaten Gespräche aufzunehmen. Der Rest kam in Etappen: zuerst zwei Stühle, was zumindest die Nackenmuskeln ein wenig entspannte, etwas später die Getränke, die wir gnädigerweise trotz Warteposition bestellen duften. Dann materialisierte sich ein Tisch in unserer Mitte, auf dem dann schließlich Vor- und Hauptgang serviert wurden. Was nicht kam, waren freundliche Worte oder gar ein Lächeln.

Geduldig aber ungläubig ließen wir den Abend an uns vorbeiziehen. Nicht ohne uns immer wieder zu fragen: Was ist hier eigentlich los? Mein armes kleines Gehirn, das nicht müde wird, nach wohlwollenden Antworten auf die großen Fragen des Lebens zu suchen, ratterte noch Tage später. Ist uns allen – womöglich auch mir selbst – die Freundlichkeit abhandengekommen? Immerhin waren hochgezogene Mundwinkel lange Zeit vergebliche, weil hinter Masken versteckte, Liebesmüh.

Auch Kümmernisse verschiedenster Ursache kommen als Erklärung infrage, sagt mein Kopf. Vielleicht ist ein Karton Rotwein schon zu Beginn der Schicht von der Theke gekippt und selbst nach mehrmaligem Wischen knirscht und klebt es überall. Oder ein Kollege ist ausgefallen und statt Ersatz gab es Mehrarbeit für alle. Oder – und vielleicht muss ich das akzeptieren – die sind hier einfach unfreundlich.

Keine Ahnung, welchen Nachgeschmack der Satz: „Ich muss euch leider ablehnen.“ bei dem Pärchen hinterlassen hat, das hungrig und durstig von dannen ziehen musste. Ich stelle mir vor, wie die Beiden vor lauter Sorge vor erneuter Zurückweisung nach Hause gehen, wo sie einen trockenen Kanten Brot und ihren Weltschmerz teilen. Noch lieber stelle ich mir aber vor, dass sie im Restaurant an der nächsten Ecke freudestrahlend empfangen und bestens versorgt wurden. Und dass sie beim nächsten nächtlichen Gang durchs Viertel einen Besuch in besagtem Szene-Lokal leider ablehnen müssen.